Joker

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„Joker“ geht derzeit durch die Decke, doch was kann dieser Film, was ihn von der Konkurrenz aus dem Hause Marvel/Disney unterscheiden kann?

Natürlich kann man die innbrünstig vorgetragene Sozialkritik nennen. Es ist aber auch eine durchaus mit dem Holzhammer vorgetragene Sozialkritik. Dennoch bleibt der Film dabei, trotz aller politischen Plattheit, erstaunlich differenziert. Es ist ein groß angelegtes Sittenporträt, zynisch und teils überraschend (und für das Mainstreamkino auf makabre Weise erfrischend) menschenfeindlich.

Letztlich lebt der Film aber vor allem von seiner audiovisuellen Umsetzung, dem impulsiven Spiel Joaquin Phoenix‘ und einer empathischen, berauschend distanzlosen Figurenzeichnung, die jedoch stets kritisch genug bleibt, um nicht in die Glorifizierung abzudriften.

Todd Phillipps arbeitet hier mit großer Detailverliebtheit, er erschafft ein dreckiges Gotham, dass in Müll und menschlichen Abgründen versinkt. Dieser Film ist ein Crescendo des Wahnsinns, während das Cello bedrohlich anschwillt wird das Lachen des Jokers zunehmend erratischer, vermischt sich immer mehr mit einem Weinen.

Dieser Film ist in seinem Kern ein Film über Lachen und Tanzen, die Kanalisation des Wahnsinns in der Freude. Aber wie findet man Freude in einer freudlosen Welt? Wie findet man ein Licht in immerwährender Tristesse, wie man bricht man aus der brutalen Banalität des Alltags heraus? Joaquin Phoenix‘ Figur findet darauf keine Antwort; darum wird er also zu einer Karikatur dieser Welt. Er ist ein schlechter Witz, über den Niemand lachen kann, aber auch ein gefährlicher Witz, dessen Pointe zu viele zu ernst nehmen.

Phoenix spielt dabei großartig auf, seine Darstellung mäandert zwischen behutsamem Verständnis und grobem Terror. Sein Joker ist nicht per se böse, eher verloren, solange zumindest, bis er Anerkennung im Unfassbaren findet.

Dieser Joker meint zwar zu erkennen, dass sein Leben keine Tragödie, sondern konträr sogar eine Komödie sei, „Joker“ aber ist eine große Tragödie. Die Figuren Joker und sein ewiger Gegenspieler Batman (der im Film nur in der Form des Kindes Bruce Wayne vorhanden ist, aber ihn dennoch mit einer beinahe mythologischen Präsenz überschattet) sind im popkulturellen Bewusstsein so tief verankert, dass direkt zu Beginn klar ist, worauf dieser Film unweigerlich hinauslaufen muss.

Es fehlt etwas die Poesie des Schicksals die Tim Burtons „Batman“ hatte, aber dennoch ist Todd Phillips‘ „Joker“ im Verlauf seiner Geschichte und den Verflechtungen der Figuren auch eine große Hommage an diese unvermeidbare Schicksalsgemeinschaft des Clownprinzen des Verbrechens und des Mitternachtsdetektivs.

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Es wird also nach den ersten Szenen nur all zu deutlich, wie dieser Film enden wird, ja wie er enden muss. Trotzdem ist aber beeindruckend, wie Phillips‘ Inszenierung gepaart mit Phoenix‘ Darstellung das Unvermeidliche immer wieder überraschend und schockierend wirken lassen. Es ist die ganze Zeit über offenbar, dass der große Knall kommen wird, aber wenn dieser Film und dieser Joker dann explodieren, hinterlassen sie dennoch schwitzige Hände im Publikum.

8.0 von 10.0

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